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Am 1. März 1935 wird die Rückgliederung des Saargebietes – die Nazis führten die Bezeichnung Saarland ein – an das Deutsche Reich vollzogen; in den Städten und Dörfern an Blies und Saar finden aus diesem Anlass Feiern, Aufzüge, Aufführungen, Paraden, Märsche statt: am Freitag, 1. März, sowie am Samstag, 2. März. Bereits am 27. Februar kommt der Kreistag des Kreises St. Wendel zu einer „Festsitzung“ zusammen, um eben die Rückgliederung zu würdigen, im Garten des Landratsamtes wird eine „Eiche des 13. Januars“ gepflanzt. So wie in diesen Tagen an vielen Stellen und in vielen Orten im Saargebiet, im Kreis St. Wendel – etwa in Gronig, wo es 15 Eichen sind, zur Erinnerung an die „15-jährige Fremdherrschaft“, die Zeit der Völkerbundsverwaltung also, zudem Personen der Gegenwart geweiht, darunter ein Baum Adolf Hitler.
Die Feiern der folgenden Tage sind Inszenierungen, sollen die propagierte „Volksgemeinschaft“ beschwören, die „Rückkehr“ des Saargebietes zelebrieren und dadurch wohl das überwiegend vorherrschende Gefühl der Saarländer, „endlich zurück ins Reich“ zu gelangen, widerspiegeln. Hunderttausende Saarländer bevölkern somit Straßen und Plätze, feiern landauf, landab begeistert den Anschluss an eine Diktatur, die bereits seit zwei Jahren im Reich und zunehmend Menschenrechte aushebelt, den Parlamentarismus abschafft, hetzt, verfolgt, quält, dabei willige Helfer, gleichgültige Mitläufer, aber auch mutige Oppositionelle und Gegner vorfindet, gegen die sie gnadenlos vorgeht.
Die Feierlichkeiten in St. Wendel beginnen am 1. März 1935 mit dem Hissen der Hakenkreuzfahne auf dem Schloßplatz, der bereits am 13. Oktober 1934 – vor der Saarabstimmung und Rückgliederung! – in „Adolf-Hitler-Platz“ umbenannt wird, allerdings 1936 wieder Schloßplatz heißt, da die Änderung historischer Bezeichnungen nach einem Erlass nicht zulässig ist. Auf dem somit am 1. März 1935 noch „Adolf-Hitler-Platz“ genannten Schloßplatz marschieren die Deutsche Front, Feuerwehr, DRK auf, danach aus dem Reich SS, SA, Reichsarbeitsdienst. Anwesend ist auch eine Abordnung aus dem Rest-Kreis St. Wendel – der beiderseits der Landkreisgrenze gehegte Wunsch, Stamm- und Restkreis wieder zu vereinen, erfüllt sich nicht: Der Restkreis wird am 1. April 1937 in den Landkreis Birkenfeld eingegliedert.
Am 2. März 1935 folgt ein Umzug der Schulen, am Nachmittag gastiert der Stellvertreter Hitlers, Rudolf Hess, auf dem Schloßplatz und nimmt eine Parade ab. Er besucht an diesem Tag mehrere dieser Feiern im Saargebiet. Ein Fackelzug in den Abendstunden beendet die zweitägigen Feierlichkeiten in der Stadt. Ein Nachhall folgt am 3. März: In den Abendstunden dringen junge Männer in die St. Wendeler Synagoge, wüten darin, erhalten dafür Haftstrafen. Zerstört wird die Synagoge in St. Wendel in der Nacht vom 10. auf den 11. November 1938, im Zuge der so genannten Reichspogromnacht, als es im gesamten Reich zu antisemitischen Ausschreitungen, zu Übergriffen und Schändungen kommt. Ein erster Höhepunkt der antisemitischen Nazi-Barbarei, die schlussendlich im Menschheitsverbrechen der Shoah mündet.
Das Einwohnerverzeichnis des Stammkreises St. Wendel verzeichnet zum 1. Januar 1935 104 Menschen jüdischen Glaubens im Kreisgebiet. Zum ersten Oktober 1935 sind es 62. Denn nicht wenige Juden flüchten vor und nach der Abstimmung aus dem Saargebiet, aus dem Kreis St. Wendel, wissend um die tragende Rolle des Antisemitismus in der nationalsozialistischen Propaganda, Ideologie und Agitation. Die Auswanderung erleichtert das am 3. Dezember 1934 – rund vier Wochen vor der Saarabstimmung – zwischen dem Völkerbund und der deutschen Reichsregierung abgeschlossene „Römische Abkommen“: Dieses garantiert allen Personen, die bis Dezember 1934 im Saargebiet wohnen und ausreisewillig sind, eine ungehinderte Ausreise unter Wahrung ihres Eigentums. Das Abkommen gilt bis zu einem Jahr nach einer möglichen Rückgliederung. Davon machen dann auch politische Gegner des NS-Regimes Gebrauch. Zudem verspricht das Abkommen allen Bewohnern „keine Schlechterstellung wegen ihrer Sprache, Rasse oder Religion“, dies ebenfalls für ein Jahr. Somit gelten die antisemitischen Gesetze des Deutschen Reiches bis zum 1. März 1936 nicht an der Saar.
Dennoch wird die antisemitische Propaganda nach dem 1. März 1935 intensiviert, etwa in der Presse. Dabei haben sich Teile der saarländischen Presse bereits vor der Abstimmung der „Deutschen Front“ angeschlossen, so den Anschluss an das Deutsche Reich, an den Führerstaat propagiert und dem Sprachgebrauch angepasst. Das Radio dient den Nazis als weiteres wichtiges Propagandainstrument. 1933 wird auf Betreiben des Reichspropagandaleiters Joseph Goebbels hin der „Volksempfänger“ auf dem Markt gebracht, ein für viele Haushalte erschwingliches Radiogerät. Die Rundfunkgebühr beträgt 2 Reichsmark pro Monat, die Ende 1935 1.379 Haushalte im Kreis St. Wendel entrichten. Ein Jahr später sind es bereits 1.841.
Gleichschaltung und Ausgrenzungen gelten im nationalsozialistischen Staat nicht nur Presse und Rundfunk, sondern allen Lebensbereichen, der Gesellschaft, Politik, Wirtschaft, Kultur. Der totalitäre Führerstaat erfasst den Menschen total. Dies bedeutet das Ende unabhängiger Vereine und Verbände; Massenorganisationen wie Hitler-Jugend, SA, SS, NS-Frauenschaft, NS-Lehrer-, Juristen-, Ärztebund, Reichsarbeitsdienst, NS-Kraftfahrerkorps und weitere sollen möglichst alle „Volksgenossen“ erfassen, so die Menschen indoktrinieren – wobei die Mitgliedschaft in der NSDAP nicht überall zwingend Voraussetzung ist. Dies wird nun auch im Saargebiet flächendeckend eingeführt, forciert, bis in die kleinsten Dörfer.
Auch die NSDAP spannt ein dichtes Netz über dem Saargebiet: Die strikt hierarchisch aufgebaute Hitler-Partei ist Garant des Erhalts der Hitler-Diktatur und baut bereits vor der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 3. Januar 1933 im gesamten Deutschen Reich eine Organisationsstruktur auf Gau-, Kreis- und Ortsgruppenebene auf. Die ersten NSDAP-Ortsgruppen im Saargebiet bilden sich Mitte der 1920er Jahre, die erste Ortsgruppe im Kreis St. Wendel 1930 in der Kreisstadt St. Wendel. Nach der Neugründung der NSDAP im Saargebiet 1935 gibt es im Kreis St. Wendel vier Ortsgruppen – eine in jeder Bürgermeisterei –, ein knappes Jahr später bereits 14. Der NSDAP-Parteikreis St. Wendel ist mit dem administrativen Umfang des Landkreises St. Wendel identisch, Sitz der NSDAP-Kreisleitung ist die Magdalenenkapelle in der St. Wendeler Balduinstraße. 1938 legt Karl Schäfer, seit 1936 in Personalunion NSDAP-Leiter der Kreise St. Wendel und Ottweiler, beide Geschäftsstellen zusammen; neuer Sitz ist Neunkirchen. Die Kreisleitung ist somit die Mittlerinstanz zwischen Parteibasis und Gauleitung. „Der Kreisleiter“, heißt es im Organisationsbuch der NSDAP, „hat das Recht und die Pflicht, öffentliche und nicht-öffentliche Veranstaltungen und Handlungen, die der Zielsetzung der Partei zuwiderlaufen, zu unterbinden. (…) In schwerwiegenden Fällen ist die Gauleitung sofort zu verständigen.“ Der NSDAP-Kreis St. Wendel gehört seit März 1935 zum Gau Pfalz-Saar, 1936 in Gau Saarpfalz umbenannt wird; ab 1940, nach dem Frankreichfeldzug und der Angliederung Lothringens, folgt die Umbenennung in Gau Westmark.
Bereits am 1. Februar 1933 ernennt Adolf Hitler den pfälzischen NSDAP-Gauleiter Josef Bürckel zum kommissarischen Gauleiter des Saargebietes. „Der Gauleiter“, schreibt das Organisationsbuch der NSDAP vor, „ist für seinen Hoheitsbereich dem Führer gegenüber gesamtverantwortlich für die politische und weltanschauliche Erziehung und Ausrichtung der Politischen Leiter, der Parteigenossen sowie der Bevölkerung. (…) er hat das Recht und die Pflicht, öffentliche und nichtöffentliche Veranstaltungen und Handlungen, die der Zielsetzung der Partei zuwiderlaufen, zu unterbinden.“ Im August 1934 wird Bürckel Saarbevollmächtigter der Reichsregierung, 1936 folgt die Umbenennung dieses Postens in Reichskommissar für das Saarland. „Der Reichskommissar ist der ständige Vertreter der Reichsregierung im Saarland. Er hat die Aufgabe, für die Beobachtung der vom Führer und Reichskanzler aufgestellten Richtlinien der Politik zu sorgen. Er ist befugt, sich von sämtlichen Reichsbehörden und von den Dienststellen der unter Aufsicht des Reichs stehenden öffentlich-rechtlichen Körperschaften innerhalb des Saarlandes unterrichten zu lassen, sie auf die maßgebenden Gesichtspunkte und die danach erforderlichen Maßnahmen aufmerksam zu machen, sowie bei Gefahr im Verzuge einstweilige Anordnungen zu treffen (…)“, heißt es dazu im Gesetz über die vorläufige Verwaltung des Saarlandes vom 30. Januar 1935. Bürckel untersteht als Reichskommissar de facto die gesamte Landesverwaltung, sodass sich die der NS-Ideologie entsprechende Vereinigung von Partei und Staat – Bürckel als Gauleiter und Reichskommissar in Personalunion – auch hier manifestiert. Dem NS-Staat eigen, in Verwaltung und Partei, ist allerdings auch ein Nebeneinander von Kompetenzen, unklare Abtrennungen und auch persönliche Befindlichkeiten.
Das Saargebiet, das Saarland, bleibt als Verwaltungseinheit bestehen und wird nicht zwischen den Ländern Preußen und Bayern wieder aufgeteilt; somit wird kein „Status quo ante“ geschaffen, obschon das Saargebiet als „Versailler-Gebilde“ gilt, somit an eine Zeit und Ordnung erinnert, gegen die die Nazis von Beginn an opponieren. Die Entscheidung, das Saarland nicht aufzulösen, trifft letztendlich Hitler.
Der Saarbevollmächtige bzw. Reichskommissar, der Schlüsselpositionen der saarländischen Verwaltung mit Getreuen aus der Pfalz besetzt, nimmt auch Einfluss auf die Kommunalverwaltungen, gilt doch im NS-Staat die „Treue zu Führer und Reich“ als Grundlage des Beamtentums. Bürckels Behörde ist somit bestrebt, auch kommunale Behörden mit Linientreuen zu besetzen. Zudem tritt am 1. August 1935 im Saarland die Deutsche Gemeindeordnung vom 30. Januar 1933 in Kraft, die, so steht es in der Präambel, „ein Grundgesetz des nationalsozialistischen Staates“ sei. Ebenfalls ab dem 1. August 1935 hat die Preußische Amtsordnung im Saarland Gesetzeskraft: aus den Bürgermeistereien werden „Ämter“. Eine einheitliche Verfassung für Kreise wird im NS-Staat, trotz verschiedener Ansätze, nicht umgesetzt.
Am 28. Mai 1935 besucht Bürckel den Kreis St. Wendel. „Die Stadt hatte Festschmuck angelegt. Ein Meer von Fahnen grüßte den Gauleiter“, heißt es dazu in der St. Wendeler Zeitung. Kurz darauf, im Juni, wird der St. Wendeler Landrat Schmitt Landrat des Kreises Saarlouis (Stadt und Kreis taufen die Nazis in Saarlautern um), sein Nachfolger ist Leo Lorscheider.
Am 14. Oktober 1902 in Altenkessel geboren, studiert Lorscheider Rechts- und Staatswissenschaft, wird 1925 promoviert. Er ist Regierungsreferendar bei der Bezirksregierung in Trier, von 1928 bis 1929 Regierungsassessor im Landratsamt Fulda, dann ab dem 20. April 1929 ständiger Vertreter des Saarbrücker Landrats, ab 1935 Regierungsrat, ab dem 1. März Dezernent für Arbeitsbeschaffung. Am 29. Juni 1935 tritt er die Landratsstelle in St. Wendel an. Bereits 1933 tritt Lorscheider in die NSDAP ein. Nach dem Überfall Hitler-Deutschlands auf Polen am 1. September 1939 meldet sich Lorscheider freiwillig zur Wehrmacht, wird in Polen eingesetzt, dann ebenso beim Überfall auf Frankreich und kehrt 1941 nach St. Wendel zurück, wo er bis 1943 Landrat bleibt. Nach der „Stilllegung“ des Kreises St. Wendel (s.u.) ist Lorscheider Dezernent in Bürckels Reichsstatthalter-Behörde in der Westmark, zeitgleich stellvertretender Landrat im lothringischen Salzburgen (Château-Salins). Im Februar 1944 erkrankt er und wird aus dem Dienst entlassen.
Nach dem Krieg lässt er sich in Becherbach bei Kirn nieder, ist in der Landes- und Forstwirtschaft tätig, beantragt 1948 in den Verwaltungsdienst des Saarlandes eingestellt zu werden. Dafür ist die Beantwortung eines umfangreichen Fragebogens notwendig, der seine Rolle während der NS-Zeit klarstellen soll, zudem braucht er eidesstaatliche Erklärungen, die seine Aussagen untermauern.
Lorscheider weist eine tiefergehende Verstrickung von sich, was den Untersuchungsausschuss nicht überzeugt, der urteilt: „Wegen seiner schwankenden und unqualifizierten Haltung als Landrat und Mitglied der NSDAP eignet er sich nicht zur Widerverwendung in leitender Stellung der Verwaltung. Einzig tragbar ist Dr. Lorscheider auf nicht-führendem Posten. Eine erneute Beschäftigung im Kreis St. Wendel erscheint unter keinen Umständen angebracht.“ Die Kammer des Obersten Säuberungsrates kommt 1949 zu einem anderen Urteil, bescheinigt Lorscheider, „die Gewaltherrschaft des Nazismus nicht wesentlich“ gefördert zu haben.
Vom 4. Juli 1949 bis zum 31. Dezember 1950 ist er bei der Landesbank und Giro-Zentrale Saar angestellt, ab 1951 Verwaltungstrichter beim Verwaltungsgerichtshof für das Saarland, ab dem 26. November Oberregierungsrat. Er wird zur Kommunalaufsicht versetzt, am 13. Februar 1956 folgt die Ernennung zum Regierungsdirektor, ab dem 19. Juli ist er ständiger Vertreter des saarländischen Innenministers. Ministerialdirigenten wird Lorscheider am 19. September 1957, kommissarischer Landrat des Landkreises Saarbrücken am 6. März 1962 – der Kreistag bestätigt ihn einige Monate später, am 19. Juni. 1967 tritt Lorscheider in den Ruhestand ein und stirbt am 4. Juli 1978 in Saarbrücken. Die Intensität seiner Verstrickung in den NS-Unrechtsstaat, seine Mitwissens- und unter Umständen Mittäterschaft bedarf einer eingehenden wissenschaftlichen Aufarbeitung, die bisher kaum bzw. nur in Ansätzen stattgefunden hat.
Mit der Rückgliederung des Saarlandes werden die Kreistage entmachtet, ab September 1935 aufgehoben. Die Kompetenzen dieser Gremien gehen auf die Kreisausschüsse über, deren Mitglieder der Reichskommissar kommissarisch ernennt – und die zumeist NSDAP-Mitglieder sind. Der Kreisausschuss des Kreises St. Wendel besteht aus dem Landrat und sechs auf Vorschlag des NSDAP-Kreisleiters ernannten Mitgliedern. Der Kreisleiter, ebenfalls Ausschussmitglied, wird zum Kreisdeputierten, also zum Vertreter des Landrats, ernannt – dass der Kreisleiter die Kreisdeputiertenstelle einzunehmen hat, ist eine Anweisung der NSDAP-Gauleitung. Zweiter Kreisdeputierter im Kreis ist der NS-Kreisbauernführer. Für die Verwaltungsgerichtsbarkeit sind nun nicht mehr die Kreisausschüsse zuständig, sondern Kreisverwaltungsgerichte, deren Mitglieder der Reichskommissar einberuft.
851.181 Reichsmark für den ordentlichen Haushalt, 240.420 für den außerordentlichen – dies sieht der Haushaltsplan des Kreises für das Jahr 1938 vor. Landrat Lorscheider setzt dabei den Kreisumlagesatz auf 70 Prozent fest. Der NS-Staat stellt in den Anfangsjahren den Kommunen üppige Finanzhilfen zur Verfügung, um Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, etwa im Straßenbau und zur Flussregulierung, umzusetzen, dadurch die Arbeitslosigkeit zu mindern und somit Wohlwollen zu gewinnen. Davon profitiert auch der Kreis St. Wendel. Arbeitslose aus dem Kreis werden ebenso beim Bau der Eisenbahn zwischen Schwarzerden und Ottweiler eingesetzt; für diesen Bau übernimmt der Kreis einen Teil der Grunderwerbskosten. Der Kreisausschuss beschäftigt sich weiter mit Personal- und Haushaltsplänen, dem Feuerlöschwesen oder der Reichstagswahl 1936, bei der außer der NSDAP keine weiteren Parteien zugelassen sind. Auch der Luftschutz der Dienstgebäude ist Thema, ebenso die Deutsche Arbeitsfront, die unter anderem beim Bau des Westwalls, des rund 630 km langen Verteidigungssystems von der holländischen bis zur schweizerischen Grenze, für die Unterbringung der Arbeiter verantwortlich ist und dafür im Kreis St. Wendel verschiedene Barackenlager errichtet. St. Wendeler Firmen profitieren ebenso von der Entscheidung der deutschen Militärverwaltung, St. Wendel zur Garnisionsstadt zu machen. Dazu wird auf dem Tholeyerberg ein Kasernenkomplex errichtet.
Am 1. September überfällt das Deutsche Reich Polen; dies löst den Bündnisfall aus: Frankreich und England erklären Deutschland am 3. September den Krieg, jedoch bleiben die unmittelbaren Kampfhandlungen an der französisch-saarländischen Grenze mehr als überschaubar. Bis 1942 hat die Wehrmacht halb Europa besetzt, Kriegsgefangene und Zivilisten werden zur Zwangsarbeit auch im Reich gezwungen. Hinzu kommen Arbeitskräfte aus verbündeten Ländern. Geschätzt sind im Kreis St. Wendel zwischen 1942 und 1945 etwa 11 Prozent aller Beschäftigten „Fremdarbeiter“. Sie schuften in Werken und Fabriken, bei der Reichsbahn oder in der Landwirtschaft. Im Sommer 1944 sind es in den Kreisen Ottweiler und St. Wendel bereits 44 Prozent aller Beschäftigten.
Der NS-Rassenideologie entsprechend, soll die deutsche Bevölkerung den Kontakt insbesondere mit Arbeiten aus dem Osten Europas, aus den sowjetischen Gebieten auf das Notwendigste beschränken. „Eine Arbeitskameradschaft mit diesen Menschen gibt es nicht“, heißt es in einem entsprechenden Merkblatt der NSDAP, „ihr habt ihnen gegenüber immer den Vorgesetzten herauszukehren“. Dies Merkblatt verbreitet Landrat Lorscheider an die Amts- und Stadtbürgermeister etwa am 14. März 1943. Nur wenige Tage später ist er nicht mehr Landrat des Kreises St. Wendel, den die Kreise St. Wendel und Ottweiler werden zusammengelegt.
„Die Konzentration aller Kräfte auf den totalen Krieg“, heißt es in einem Schreiben des Reichsministers des Innern an den Reichsstatthalter in der Westmark vom 12. Februar 1943, „und die notwendig gewordene Freistellung möglichst vieler Wehrfähiger für die Wehrmacht erfordert für die Verwaltung weitere Vereinfachungsmaßnahmen.“ Für die Dauer des Krieges sollen Landkreisverwaltungen daher stillgelegt werden: „Gedacht ist hierbei nicht an eine formelle Auflösung von Landkreisen, sondern nur an eine zeitweilige Stillegung der Verwaltungstätigkeit des betreffenden Amtes und an eine zeitweise Übertragung der Aufgaben auf ein benachbartes Amt unter voller Aufrechterhaltung der Rechtspersönlichkeit des Kreises bei getrennter Haushaltsführung der gemeinsam verwalteten Kreise.“
Hierfür fällt die Wahl auf den Landkreis St. Wendel. Denn die Behörde des Reichsstatthalters kontaktiert den Landrat von Ottweiler, Dr. Maximilian Rech, der „im Einvernehmen mit Herrn Landrat Dr. Lorscheider“ berichten solle, wie beide Verwaltungen zusammengelegt werden können. Lorscheider entscheidet allerdings, selbst dem Reichstatthalter zu schreiben. Auf mehreren Seiten legt er dar, dass seiner Meinung nach eine Übernahme der St. Wendeler Kreisverwaltung durch jene in Ottweiler nicht möglich sei, zu unterschiedlich seien die jeweiligen Verhältnisse und Zuständigkeiten in den beiden Kreisen, Personal könne auch kaum eingespart werden. „Auf alle Fälle stehen die geringen Vorteile der Zusammenlegung in keinem Verhältnis zu den Erschwernissen, die der Bevölkerung bei Verlegung der Kreisinstanz zugemutet würden“, schreibt er nach Saarbrücken. Er schlägt vor, die Kreisverwaltung St. Wendel solle eigenständig bleiben, der Ottweiler Landrat könne aber – Lorscheider rechnet mit seiner erneuten Einberufung in die Wehrmacht – beiden Kreisen in Personalunion vorstehen. Einsparpotential sieht er hingegen in der Zusammenlegung von Ämtern, etwa von Namborn und St. Wendel-Land, wie auch in der Übernahme von Aufgaben der Ämter durch den Kreis.
In Ottweiler sieht Landrat Rech dies anders: Eine Zusammenlegung der Kreisverwaltungen ist in seinen Augen machbar. Und so wird es auch in Saarbrücken gesehen: Zum 1. April 1943 wird die Verwaltung des Landkreises St. Wendel stillgelegt, von Ottweiler mitverwaltet. Der Ottweiler Landrat Rech passt dann auch umgehend seinen Briefkopf an, der dann lautet: „Der Landrat des Kreises Ottweiler, zugleich für den Kreis St. Wendel“. Was Rech bis Juli 1945, also einige Wochen nach der Kapitulation des Deutschen Reichs, bleibt.