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„Seine Förmlichkeit und Bürokratie“, vermerkt der St. Wendeler Stadthistoriker Max Müller über den zweiten preußischen Landrat Karl Hermann Rumschöttel, „stießen die Menschen ab, die er innerlich gewinnen wollte.“ Auch, weil es um das Ansehen Preußens erneut nicht gut bestellt ist. Denn nachdem die Deutsche Revolution 1848/49 scheitert, kein liberaler deutscher Nationalstaat, wie es die Revolutionäre fordern, gegründet wird, der preußische König Friedrich Wilhelm IV. die ihm angebotene Kaiserkrone als „Diadem aus Dreck und Letten der Revolution“ verschmäht und ablehnt (1849), regt sich vor allem in bürgerlichen Kreisen erneut Unmut. Preußen und damit auch sein Beamtenstand werden für das Scheitern der Revolution verantwortlich gemacht. Missernten, Teuerungen, Arbeitslosigkeit belasten zudem die ärmeren Bevölkerungsschichten. Unzufriedenheit herrscht somit bereits bevor Rumschöttel am 6. September 1848 zunächst kommissarisch zum Landrat des Kreises St. Wendel ernannt wird. Jedoch: 37 Jahre lang hat er die Landratsstelle im Kreis inne, so lange wie kein Landrat vor oder nach ihm.
Geboren wird Rumschöttel am 19. November 1820 in Trier. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Berlin und Heidelberg ist er Regierungsreferendar in Trier, später Assessor beim Landrat in Merzig, zeitweise sein Vertreter. Sodann Landrat in St. Wendel.
Bis sich die politische und wirtschaftliche Lage im Kreis entspannt, vergehen einige Jahre. Dass dann aber ein stetiger Aufschwung stattfindet, wird auch Rumschöttel zugeschrieben, der erst 1853 definitiv zum Landrat des Kreises St. Wendel ernannt wird.
Der Bau der Rhein-Nahe-Bahn 1857 bis 1860 bringt wirtschaftliche Impulse, 1860 öffnet in der Stadt St. Wendel zudem eine Bahnausbesserungswerkstatt. Im Kreis werden Straßen und Brücken aus- und gebaut, der Kreis schafft eine Drainröhren-Maschine zum Entwässern der Wiesen an, die zum Teil unentgeltlich, zum Teil gegen eine geringe Miete benutzt werden kann. Unterstützung für die Bauern, die das Gros der Bevölkerung bilden. Auch erwirbt der Kreis 1879 in der St. Wendeler Brühlstraße ein Haus, in dem die Verwaltung untergebracht wird.
Unter Vorsitz des Landrats erfolgt die Gründung eine Spar- und Darlehnskasse (1859), die günstige Darlehn für Handwerker und Bauern bietet. Diese Bank besteht als Kreissparkasse St. Wendel bis heute. Gestört wird der allgemeine Aufschwung wie auch das einfache Leben der Kreisbevölkerung, die 1866 laut amtlicher Statistik 42.712 Köpfe zählt, durch Erschütterungen wie den deutschen Einigungskriegen, die schließlich zu einem deutschen Nationalstaat führen. Als 1870 die Kriegsglocken läuten, Preußen gegen Frankreich zieht, ist der Kreis St. Wendel Aufmarschgebiet, wehrpflichtige Männer werden eingezogen, Soldaten einquartiert. Mit dem Vorfrieden von Versailles bzw. dem Frieden von Frankfurt 1871 findet dieser Krieg, in dem über 50 Männer aus dem Kreisgebiet fallen, ein Ende.
Ein weiterer Konflikt dieser Zeit soll das St. Wendeler Land weltweit berühmt machen: die vermeidlichen Marienerscheinungen 1876/77. Am 3. Juli behaupten drei Marpinger Mädchen, im Härtelwald sei ihnen die Muttergottes erschienen. Die Nachricht verbreitet sich in Windeseile, Pilger strömen aus allen Ecken Europas in den Härtelwald, in der Presse werden die vermeintlichen Erscheinungen heiß diskutiert. Die Sache entwickelt sich zu einem Politikum, denn die Ereignisse fallen in die Hochphase des deutschen Kulturkampfs. Der Ausdruck meint den Konflikt zwischen Preußen bzw. dem Deutsche Reich und der katholischen Kirche. Der Staat sieht im Katholizismus eine Bedrohung, in frommen Katholiken verkappte Reichsfeinde, die dem Papst im fernen Rom eher gehorchen als der weltlichen Autorität. Und der Ausdruck meint noch mehr: Die Auseinandersetzung zwischen fortschrittlichen, liberalen Denkern sowie deren Anhängern und der in diesen Kreisen als zurückgeblieben und hinterwäldlerisch angesehenen Volksfrömmigkeit. In dieser brisanten Lage kommt es in Marpingen, wie es kommen muss: Wo sich in den Augen Preußens subversive Elemente zusammenfinden, ist das eigene Militär, ist der starke Arm des Gesetzes nicht weit. Bajonette vertreiben die Gläubigen, Gerichte verhängen Strafen. Das laute Echo der Marpinger Ereignisse verhallt.
Aus gesundheitlichen Gründen legt Rumschöttel sein Amt im Mai 1885 nieder und zieht nach Wiesbaden, wo er im Juli desselben Jahres stirbt. Zuvor aber, im September 1884, wird mit einer zweitätigen Feier in St. Wendel der 50-jährigen Zugehörigkeit des Kreises St. Wendel zu Preußen gedacht. Dazu geht auch eine Depesche des Kaisers Wilhelm I. in St. Wendel ein. Darin schreibt der Monarch unter anderem an die Kreisstände gerichtet: „Ganz besonders angenehm und wohlthuend ist Mir Ihre Versicherung, daß die Bewohner des Kreises in diesen fünfzig Jahren unter den Segnungen eines langen Friedens, wie nach den für Preußen geschichtlich großen Ereignissen der letzten Jahrzehnte sich ihrem gegenwärtigen Vaterlande immer enger angeschlossen haben, und daß das Gefühl der Treue und Abhängigkeit an das Königliche Haus in ihnen immer stärker und mächtiger geworden ist.“